Implantate / Gleitpaarungen
Verankerungsprinzipien (zementiert / nicht zementiert):
Die überwiegende Mehrzahl (>90%) der Hüftendoprothesen wird heutzutage nicht zementiert. Eine zementierte Verankerung erfolgt in der Regel nur bei verminderter Knochenqualität, wie z.B. bei ausgeprägter Osteoporose oder Osteopenie. Wird nur ein Teil einer Prothese zementiert (Pfanne oder Schaft), so spricht man von einer Hybrid-Endoprothese. Beide, zementierte und nicht zementierte Prothesen, können in der Regel sofort voll belastet werden. Nicht zementierte Prothesen haben zwei Verankerungsprinzipien. Zum einen die Primärstabilität (Verpressung im Knochen > auch Pressfit genannt) und eine sekundäre Stabilität durch das Einwachsen von Knochen in die Prothesenoberfläche (meist innerhalb von 6 bis 12 Wochen erreicht). Das Einwachsen von Knochen in die Prothese wird durch die Oberflächenstruktur der Prothese oder durch eine zusätzliche Beschichtung begünstigt (z.B. HA-Beschichtung = Hydroxylapatit).
Implantate:
Nicht zementierte Pfannen können verschraubt oder verpresst werden (Schraub- oder Pressfit-Pfannen). Als nicht zementierte Schäfte werden in der Regel Standardschäfte (auch Geradschäfte) oder Kurzschäfte verwendet. Der Vorteil der Standardschäfte ist die sehr lange Erfahrung in der Anwendung (mehr als 30 Jahre) und die damit nachweisbaren, sehr guten Langzeitergebnisse (ca. 95% der Geradschäfte funktionieren nach 10 Jahren noch ohne Probleme). Desweiteren können Geradschäfte bei fast allen Gelenkanatomien/ -morphologien (z.B. bei Dysplasien oder anderen sekundären Arthrosen (posttraumatisch etc.)), problemlos implantiert werden, da durch ihr Verankerungsprinzip diese „schwierigen“ Anatomien gut kompensiert oder überbrückt werden können. Aufgrund leichter Modifizierungen bzw. Neuentwicklungen sind viele Geradschäfte heute auch problemlos über einen minimalinvasiven Zugang anwendbar.
Der Vorteil der Kurzschäfte ist ihre muskel- und knochenschonendere Implantationsmöglichkeit. Allerdings fehlen hier immer noch Langzeitergebnisse in Bezug auf die Standzeit da die meisten Kurzschäfte noch nicht so lange auf dem Markt sind. Desweiteren ist nicht jedes Hüftgelenk (Anatomie) und nicht jeder Patient (Alter, Gewicht und Geschlecht) für die Implantation eines Kurzschaftes geeignet.
Neben den Kurzschäften gibt es noch sogenannte Schenkelhalsprothesen. Hier existieren allerdings die geringsten Erfahrungen und die Indikation zur Implantation ist daher sehr zurückhaltend zu stellen.
Die Implantation von Oberflächenersatzprothesen („Gelenküberkronung“) wird aufgrund der doch deutlich erhöhten Komplikations- und Revisionsraten nicht mehr empfohlen.
Gleitpaarungen:
Die Hauptursache für das Versagen einer Endoprothese im Langzeitverlauf ist die aseptische Lockerung aufgrund von Abriebpartikel-bedingter Knochenresorption am Knochen-Implantat-Interface. Der Abrieb (-partikel) entsteht immer. Er ist nichts anderes als die Abnutzung/Verschleiß der Gleitpaarung. Je aktiver ein Patient ist, desto höher ist auch seine Abriebrate, mit der Gefahr einer vorzeitigen Lockerung. Eine Verminderung des Abriebs führt daher zu einer Verlängerung der Prothesenstandzeit. Keramik/Keramik-Gleitpaarungen haben aufgrund ihrer Materialeigenschaften sehr geringe Abriebraten und sind damit für jüngere und aktivere Patienten ideal geeignet. Zusätzlich liegen die Vorteile der Keramik auch in der guten Verträglichkeit, der fehlenden Metallionenfreisetzung, der Materialhärte und der Kratzfestigkeit. Potentielle Risiken bestehen in der Bruchgefahr und dem Auftreten von Quietsch-Geräuschen. Keramikbrüche (Kopf oder Inlay) traten anfänglich mit einer Häufigkeit von 2 von 10.000 auf. Mittlerweile konnten diese aber aufgrund besserer Materialeigenschaften deutlich reduziert werden.
Eine alternative Gleitpaarung mit ebenfalls sehr geringen Abriebraten ist die Keramik/ hochvernetztes Polyethylen (PE)-Gleitpaarung. Hier zeigen sich ähnlich geringe Abriebraten wie bei Keramik/Keramik mit einem nahezu ausgeschlossenem Risiko für Brüche, Absprengungen oder Quietschgeräuschen.
Metall/Metall-Gleitpaarungen werden in der aktuellen Literatur äußerst kontrovers diskutiert Während das Abriebverhalten und die Standzeiten für Standardkopfgrößen 28 und 32 mm akzeptabel sind, liegen deutlich erhöhte Abriebraten für Metallgroßköpfe > 36 mm vor. Das zusätzliche Problem von sogenannten Großkopfmetallgleitpaarungen sind eine erhöhte Metallionenkonzentrationen im Blut, lokalen Gewebsreaktionen und Schmerzen.
Literaturquellen:
Lombardi, A.V., Jr., K.R. Berend, and J.B. Adams, A short stem solution: through small portals. Orthopedics, 2009. 32(9).
Zywiel, M.G., et al., Survival of hard-on-hard bearings in total hip arthroplasty: a systematic review. Clin Orthop Relat Res, 2011. 469(6): p. 1536-46.
Park, Y.S., et al., Ceramic failure after total hip arthroplasty with an alumina-on-alumina bearing. J Bone Joint Surg Am, 2006. 88(4): p. 780-7.
van der Weegen, W., et al., Survival of metal-on-metal hip resurfacing arthroplasty: a systematic review of the literature. J Bone Joint Surg Br, 2010. 93(3): p. 298-306.
Schmalzried, T.P., Metal-metal bearing surfaces in hip arthroplasty. Orthopedics, 2009. 32(9)
Hamilton, W.G., et al., THA with Delta ceramic on ceramic: results of a multicenter investigational device exemption trial. Clin Orthop Relat Res, 2010. 468(2): p. 358-66.
Al-Hajjar, M., et al., Effect of femoral head size on the wear of metal on metal bearings in total hip replacements under adverse edge-loading conditions. J Biomed Mater Res B Appl Biomater, 2013. 101(2): p. 213-22.
Iannotti, J.P., et al., Aseptic loosening after total hip arthroplasty. Incidence, clinical significance, and etiology. J Arthroplasty, 1986. 1(2): p. 99-107.